ATHEN In Krisenzeiten leiden besonders die Museen, und Kriegsgott Ares hat bei Tisch allemal einen längeren Löffel als Thalia und Polyhymnia, wenn es an die Haushaltstöpfe geht. Gerade mal 350 Millionen Euro stehen im griechischen Staatshaushalt noch für die Kultur zur Verfügung. Das entspricht der Summe, die im Verteidigungshaushalt gekürzt wird. 350 Millionen Euro für die Kultur eines ganzen Landes, das ist weniger, als Berlin für seine Kultur ausgibt – die Mittel des Bundes noch nicht mitgerechnet.
Wenn so kleine Summen gekürzt werden, trifft das alle, die gering subventionierten, wie die freien Bühnen und zwar existenziell. Denn in Krisenzeiten brechen Sponsoren weg, vor allem bleiben die Besucher zuhause. Angesichts der drastischen Einkommensverluste fehlt ihnen einfach das Geld für Theater. Bisher bekamen die immerhin 140 freien Bühnen mit ihren 250 Inszenierungen jährlich (2010) gerade mal zwei Millionen Euro Fördermittel. Der nun anstehende Schrumpfungsprozess trifft auch eine wirklich bedeutende Einrichtung – das Amphitheatro von Spiros Evangelatos – er kann die Miete für seine Spielstätte in der Athener Altstadt Plaka nicht mehr bezahlen. Evangelatos, mit Karolos Koun der Begründer der modernen griechischen Regietradition, hatte vier Jahrzehnte mustergültig vorgeführt, wie man die antiken Klassiker attraktiv neu interpretieren kann.
Nur noch die Akropolis leistet sich Opulenz
Das jährliche Athens & Epidaurus Festival wird bleiben, wobei es auf das Engagement großer internationaler Ensembles wohl verzichten muss. Auch andere müssen mit dem Verlust der gewohnten Opulenz klar kommen, etwa Athens Musikpalast Megaro Mousikis mit seinen vier Konzertsälen. 65 Prozent Kürzungen standen bereits 2010 an, die Mailänder Skala wird hier so bald nicht mehr gastieren. Natürlich, die Kassen der Akropolis, des neuen Akropolis-Museums und der großen klassischen Stätten klingeln weiter, bedroht sind die kleineren Sammlungen. Einige positive Seiten offenbart die Mittel-Verknappung indessen auch: Es wird wohl etwas Wildwuchs weggeschnitten. So sollen in staatlichen Kultureinrichtungen einige Beamte ohne Geschäftsbereich eingespart werden. Transparenz bei der Verteilung der Mittel kann nicht schaden.
Denn wohin wie viel Geld floss, war hier nie wirklich herauszufinden. 2007 hatte sich Christos Zachopoulos, im Kulturministerium für die Verteilung der Mittel zuständig, in suizidaler Absicht aus dem Fenster seiner Wohnung fallen lassen: Es drohten Enthüllungen über die Günstlingswirtschaft in seinem Haus.
Der Beitrag erschien in „Kein Geld mehr für das linke Hobby“, Frankfurter Rundschau, 17.08.2011 – gesamten Beitrag lesen >>>